Ungarisierung

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Die Ungarisierung (auch Madjarisierung oder Magyarisierung) war die Ende des 18. Jahrhunderts beginnende Politik des Königreichs Ungarn, um eine Assimilation der verschiedenenen ethnischen Gruppen in Ungarn durchzusetzen. Der Widerstand der Bevölkerung gegen die damit verbundenen Maßnahmen gehörte zu den Hauptursachen für den Zerfall des Vielvölkerstaats, der zeitweise den Namen Österreich-Ungarn führte, am Ende des Ersten Weltkriegs.

In der ungarischen Sprache lautet die Eigenbezeichnung für „Ungarin / Ungar“ und „ungarisch“ magyar. In der slowakischen und tschechischen Sprache wird deutlich zwischen Ungarn vor 1918 (z. B. slowakisch Uhorsko) und der Ethnie (ethnische Ungarn) (slowakisch Maďari) unterschieden, seit 1918 wird Ungarn in den heutigen Grenzen als Maďarsko bezeichnet.

Die Ungarisierung ist zeitlich in die Epoche der Umgestaltung des ungarischen Feudalstaates (Vielvölkerstaat) zu einem Nationalstaat zwischen 1790 und dem Ende Österreich-Ungarns 1918 einzuordnen. Sie war eine Reaktion des ungarischen Adels auf die Reformversuche Josephs II. zwischen 1780 und 1790, der im Königreich Ungarn legislative Reformen durchsetzen wollte. Die Reformen des Josephinismus wurden nach den Prinzipien des aufgeklärten Absolutismus durchgeführt. Sie umfassten zum einen die Einführung des Deutschen als Amtssprache in der gesamten Habsburgermonarchie einschließlich des Königreichs Ungarn und zum anderen die Förderung der Sprachen sämtlicher Völker im Königreich, um den Zugang der Bevölkerung zur Bildung zu fördern. Die ersten Gesetze zur Ungarisierung wurden 1791 (Artikel 16) und 1792 (Artikel 7) erlassen.[1]

Unter der Regierung Kálmán Tisza 1875 bis 1890 begann die eigentliche Assimilationspolitik. Alle Menschen in Ungarn sollten durch mehr oder weniger sanften Druck die magyarische Sprache und Nationalität annehmen.[2] Zwischen 1880 und 1910 stieg der Prozentsatz der sich als Magyaren bekennenden Bürger Ungarns (ohne Kroatien) von 45 auf über 54 Prozent.[3]

Dezső Bánffy, Ministerpräsident von 1895 bis 1899, vertärkte den Druck auf die Minderheiten im Königreich.[4] Bánffy erhob dabei die Idee des ungarischen Nationalstaates zum Regierungsprogramm: Der Nationalstaat sollte unter anderem durch Magyarisierung von Ortsnamen, Familiennamen und durch intensiven Sprachunterricht verwirklicht werden.[5]

Ein wichtiges Handlungsfeld der Magyarisierung waren die Volksschulen, die den nichtungarischen Gruppen zunehmend entrissen wurde. Die politische Teilhabe der Minderheiten wurde durch ein Zensuswahlrecht weitgehend verhindert. 1913 waren nur 7,7 % der Gesamtbevölkerung wahlberechtigt oder durften öffentliche Ämter bekleiden.[3]

1 Vergleich zu Wikipedia




2 Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Göttinger Digitalisierungszentrum:Sammlung der ungarischen Reichstags-Gesetze vom Jahre 1791. Artikel XVI, S. 35.
  2. Robert Bideleux, Ian Jeffries: A history of Eastern Europe. Crisis and change. Routledge, London u. a. 1998, ISBN 0-415-16111-8, S. 365.
  3. 3,0 3,1 Wolfdieter Bihl: Der Weg zum Zusammenbruch. Österreich-Ungarn unter Karl I. (IV.). In: Erika Weinzierl, Kurt Skalnik: Österreich 1918–1938. Geschichte der Ersten Republik. Band 1. Styria, Graz u. a. 1983, ISBN 3-222-11456-0, S. 27–54, hier S. 44.
  4. Ungarische Elektronische Bibliothek MEK: Anpassungskrise der sächsischen und rumänischen Nationalbewegung.; sowie Gerald Volkmer: Die Siebenbürgische Frage 1878–1900. Der Einfluss der rumänischen Nationalbewegung auf die diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und Rumänien (= Studia Transylvanica. 31). Böhlau, Köln u. a. 2004, ISBN 3-412-04704-X, S. 229, (Zugleich: Mainz, Universität, Dissertation, 2003/2004).
  5. Ákos Moravánszky: Die Architektur der Jahrhundertwende in Ungarn und ihre Beziehungen zu der Wiener Architektur der Zeit (= Dissertationen der Technischen Universität Wien. 42). VWGÖ – Verband der wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs, Wien 1983, ISBN 3-85369-537-X, S. 48, (Zugleich: Wien, Technische Universität, Dissertation, 1980).

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